Schmerzensgeld für Diagnosefehler nach Aufenthalt auf Intensivstation

Das Oberlandesgericht Rostock hat mit Urteil vom 21.12.2012, 5 U 170/11, grundlegende Ausführungen zur Höhe eines Schmerzensgeldes gemacht. Eine 61-jährige Frau war mit Schmerzen im Bauchraum in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Bei einer noch am gleichen Tag durchgeführten Sonographie übersah die Ärztin einen Nierenstein links. Der zuständige Chefarzt diagnostizierte einen Tag später einen Ulkus im Darm und kündigte für die nächsten Tage eine Darmspiegelung an, die auch vorbereitet wurde. Die Patientin bekam Durchfall, erbrach sich und litt unter Fieber und Schwindelgefühlen. Deswegen wurde die Darmspiegelung abgesetzt und stattdessen die Lunge untersucht. Zwei Tage später erlitt die Patientin einen schweren Sepsisanfall und kam auf die Intensivstation. Nach erneuter Durchführung einer Sonographie durch den Radiologen wurden eine vereiterte linke Niere und ein Nierenstein, der einen Harmstau dritten Grades verursacht hatte, befundet. Eine Notoperation fand statt; der vereiterte Urin wurde entfernt. Bereits am Folgetag hatte sich der Zustand der Patientin erheblich verbessert. Diese verblieb noch knapp zwei Wochen weiter im Krankenhaus. Der Nierenstein wurde anschließend im Universitätsklinikum entfernt.

 

Die mit dem Fall befassten Gerichte haben festgestellt, dass die bei der Klägerin vorliegende Nierenbeckenentzündung behandlungsfehlerhaft verspätet behandelt worden ist. Schwierigkeiten warf im vorliegenden Fall die Frage auf, wie hoch das von der Klägerin zu beanspruchende Schmerzensgeld ist. Die Patientin hatte zunächst 30.000,00 € gefordert.

 

Das Oberlandesgericht hat der Klägerin lediglich 7.000,00 € zuerkannt. Es hat dabei ausgeführt, das bestimmte Beeinträchtigungen der Patientin, die das OLG als „psychische Beeinträchtigungen“ bezeichnet, keine typischen Folgen einer auf der Intensivstation behandelten Urosepsis oder ein chronischen Funktionsbeeinträchtigung einer Niere seien. Unter solchen psychischen Beeinträchtigungen versteht das OLG Schlaflosigkeit, Kraftminderung und Konzentrationsschwäche.

 

Das Gericht führt aus, dass die dreitätige Behandlung einer 61-jährigen Patientin auf der Intensivstation aufgrund eines fundamentalen Diagnosefehlers ein Schmerzensgeld in Höhe von lediglich 7.000,00 € rechtfertige.

 

Das Urteil zeigt ein weiteres Mal sehr eindringlich, dass die deutsche Schmerzensgeld-Rechtsprechung keinen wirklichen Ausgleich für erlittene Körperschäden zu geben bereit ist. Auch hier wird wieder einer in Todesgefahr geratenen Patientin, die durch den Vorfall zeitlebens psychische Nachteile hinnehmen muss, lediglich ein Betrag zuerkannt, der für eine mittelprächtige Urlaubsreise ausreicht. Die Sühnefunktion des Schmerzensgeldes, die durchaus auch eine Einschränkung für den Schädiger beinhalten soll, bleibt abermals auf der Strecke.

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