Rechtsinformationen für Pathologen

Ausgabe 15/2018 – Thema:  Die Neuregelung der Bedarfsplanung für die Pathologie

Sehr geehrte Damen und Herren, 

 

wie angekündigt berichte ich in dieser Ausgabe ausführlich über die kürzlichen Änderungen bei der Bedarfsplanung für Pathologen. Ausgangspunkt für diese Änderungen war ein Urteil des Bundessozialgerichts von 2016, in dem die bisherige Bedarfsplanung für rechtswidrig erklärt wurde. Bei Einführung der Bedarfsplanung hat seinerzeit der gemeinsame Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen willkürlich und ohne nähere Prüfung angenommen, daß der damalige Versorgungsgrad 110 % des Bedarfs an Arztstellen darstellte. Diese Annahme beruhte nicht auf irgendwelchen statistischen Erhebungen und natürlich insbesondere nicht auf einer wirklichen Marktkenntnis. Sie alle wissen aus Ihrer täglichen Arbeit, daß die Pathologie ein erhebliches Nachwuchsproblem hat und das bereits jetzt vereinzelt große Versorgungslücken auftreten. In einer solchen Situation Versorgungsaufträge für Pathologen zusätzlich künstlich zu verknappen, ist unter keinem Gesichtspunkt verständlich. 

 

Das Bundessozialgericht hat nicht diesen politischen Aspekt, sondern die rechtlichen Aspekte gewürdigt und festgestellt, daß die vom gemeinsamen Bundesausschuß aufgestellten Regeländerungen für die Bedarfsplanung unzulässig waren. Für das Bundesland Nordrhein-Westfalen wurde zusätzlich festgestellt, daß eine gemeinsame Beplanung der KV-Bezirke Nordrhein und Westfalen-Lippe einer gesetzlichen Grundlage entbehrt und ebenfalls nicht zulässig ist. Diese gemeinsame Beplanung hatte man offensichtlich eingeführt, um durch Verbindung des eher unterversorgten WestfalenLippe mit dem eher überversorgten Nordrhein das ganze Bundesland unter Kuratel stellen zu können. 

 

Das Bundessozialgericht hat dem gemeinsamen Bundesausschuß und den Landesausschüssen aufgegeben, die Bedarfsplanung bis Ende 2018 neu zu regeln. Diese Regelungen sind jetzt zum Teil abgeschlossen, zum Teil aber noch in Arbeit. In dem unlängst ergangenen Beschluß des gemeinsamen Bundesausschusses zur Änderung der Bedarfsplanungsrichtlinie wurde die Verhältniszahl Pathologen zu gesetzlich Versicherten auf 109.918 Einwohner je Pathologe festgelegt. Das Verhältniszahl-Niveau war von 110 % auf 100 % anzupassen. Zusätzlich haben die Landesausschüsse einen sogenannten Demografiefaktor festzulegen, um besondere Altersstrukturen in der Bevölkerung und Abrechnungsbesonderheiten im jeweiligen KV-Bezirk zu berücksichtigen. Die Möglichkeit, von diesem Demografiefaktor Gebrauch zu machen, öffnet aber wieder auch die Möglichkeit zu intransparenten Entscheidungen. Man wird sehen, was daraus wird. Bisher habe ich den Eindruck, daß der Demografiefaktor keine entscheidenden Auswirkungen hat. Gleichwohl ist es auf Arztseite hierdurch nicht möglich, selbst zu ermitteln, ob es zusätzliche Sitze geben wird oder nicht. 

 

Um Ihnen einen aktuellen Überblick zu verschaffen, habe ich sämtliche Kassenärztlichen Vereinigungen mit einem entsprechenden Fragenkatalog angeschrieben. Von den 17 angeschriebenen KVen haben bisher etwa 2/3 reagiert. Da zumindest in einem Fall Eilbedürftigkeit besteht, veröffentliche ich die Antworten bereits jetzt und lege mit dem nächsten Rundschreiben nach, falls von den übrigen Kassenärztlichen Vereinigungen noch etwas kommt.  

 

 

Mein Fragenkatalog lautete wir folgt:

  1. Wann wird der Landesausschuß den Beschluß des Gemeinsamen Bundesausschusses durch Beschlußfassung umsetzen?

  2. Wann wird der Beschluß voraussichtlich im Ärzteblatt veröffentlicht?

  3. Für den Fall, daß der Landesausschuß feststellt, daß keine Überversorgung besteht: wann wird es voraussichtlich möglich sein, sich auf vakante Versorgungsaufträge zu bewerben?

  4. Bei überschlägiger Betrachtung und ohne dem Landesausschuß vorzugreifen: halten Sie für wahrscheinlich, daß vakante Versorgungsaufträge angesichts der neuen Verhältniszahl von 109.918 Einwohnern entstehen? 

  5. Wie viele bei der Berechnung vakanter Versorgungsaufträge maßgebliche Versorgungsaufträge inklusive Versorgungsaufträge von MVZ und Ermächtigungen sind derzeit in Ihrem KV-Bezirk vorhanden?

  6. KVWL und KVNO zusätzlich: Ist beabsichtigt, die gemeinsame Beplanung der KVBezirke Nordrhein und Westfalen-Lippe bei den Pathologen aufrecht zu erhalten?

Die Beantwortung dieser Fragen war natürlich seitens der verschiedenen Kassenärztlichen Vereinigungen freiwillig. Überwiegend ist man recht hilfsbereit. Die mir bisher zugegangenen Äußerungen lassen sich zusammenfassen wie folgt:

 

Baden-Württemberg:

In diesem Bundesland hat der Landesausschuß der Ärzte und Krankenkassen bereits getagt. Es wurde festgestellt, daß im Bereich der Pathologie landesweit eine Überversorgung derzeit nicht besteht. Der Zulassungsausschuß darf deshalb maximal 7,5 Sitze neu vergeben. Soweit mehr als 7,5 Sitze von den Pathologen des Landes beantragt werden, ist eine Auswahl ähnlich wie bei einem Ausschreibungsverfahren durchzuführen. Deshalb hat der Landesausschuß eine Bewerbungsfrist für die Beantragung neuer Sitze gesetzt. Die Anträge auf Neuzulassung sind mit den erforderlichen vollständigen Unterlagen innerhalb einer Frist bis einschließlich 24. August 2018 beim jeweils zuständigen Zulassungsausschuß einzureichen. Falls innerhalb dieses Verfahrens Sitze übrigbleiben, können diese später jederzeit von Pathologen beantragt werden. Falls mehr Sitze als vorhanden beantragt werden, erfolgt die Auswahl nach den bekannten Kriterien einer Sitzausschreibung (Wartezeit, Lebensalter, Vorrang Niedergelassene vor MVZ usw.). 

 

Bayern:

Die Beschlußfassung des Landesausschusses ist auf heute (09.08.2018) terminiert. Die dort gefaßten Beschlüsse müssen durch das Ministerium genehmigt werden, anschließend wird das Ergebnis im Bayerischen Staatsanzeiger veröffentlicht. Danach gilt eine Frist von ca. acht Wochen für die Bewerbung auf eventuell freiwerdende Sitze.

 

 Die Zahl der Pathologen in Bayern beträgt derzeit 166; Der Anrechnungsfaktor der Bedarfsplanung beträgt 128,25.  

 

Berlin:

Bisher keine Antwort. Berlin hat die zweithöchste Pathologendichte Deutschlands. Eine Generierung neuer Pathologensitze ist so gut wie ausgeschlossen.

 

Brandenburg:

Eine Terminierung für die Sitzung des Landdesausschusses wurde nicht mitgeteilt. Es liegt aber eine Prognose vor. Die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg geht von einem Versorgungsgrad von 107,9 % aus. Das bedeutet, daß voraussichtlich ein halber Pathologensitz geschaffen wird.  

 

Bremen:

Bisher keine Antwort. Dem Netzauftritt der KV Bremen ist aber zu entnehmen, daß bereits derzeit keine Überversorgung besteht. Es ist zu erwarten, daß mehrere neue Sitze zur Verfügung stehen werden. 

 

 

Hamburg:

Bisher keine Antwort. Hamburg hat die höchste Pathologendichte Deutschlands. Eine Generierung neuer Pathologensitze ist so gut wie ausgeschlossen.

 

Hessen:

In Hessen wird der Landesausschuß erst am 22.11.2018 tagen. Der dort gefaßte Beschluß wird voraussichtlich im Januar 2019 im Ärzteblatt veröffentlicht. Eine Prognose will die KV Hessen nicht geben. In Hessen sind Pathologen mit insgesamt 57 Arztsitzen niedergelassen. Diese Zahl enthält auch MVZ-Sitze. Ermächtigungen gibt es in Hessen nicht. 

 

Mecklenburg-Vorpommern:

Der Landesausschuß wird am 21.11.2018 tagen, die Veröffentlichung der Beschlüsse erfolgt im Januar 2019 im Journal der KVMV. Danach gilt eine Frist von sechs Wochen für die Beantragung neuer Kassenarztsitze, falls welche geschaffen werden.

 

Niedersachsen:

Der Beschluß des Landesausschusses wird Anfang Oktober 2018 erfolgen und im Dezember 2018 veröffentlicht. Prognostisch ist nicht zu erwarten, daß neue zusätzliche Zulassungsmöglichkeiten für Pathologen in Niedersachsen entstehen.

 

Derzeit nehmen 89,75 Pathologen an der kassenärztlichen Versorgung teil.  

 

Nordrhein:

In Nordrhein hat der Landesausschuß bereits getagt. Der Beschluß wurde am 29.06.2018 in den amtlichen Bekanntmachungen auf der Webseite der KV Nordrhein veröffentlicht. Für Pathologen haben sich in Nordrhein keine freien Vertragsarztsitze ergeben. Die Gesamtzahl der Pathologen beträgt 112,75.  

 

Rheinland-Pfalz:

Bisher keine Antwort. Aus anderer Quelle ist bekannt, daß im Oktober bekannt gemacht werden wird, ob und ggf. wie viele Sitze neu geschaffen werden. Das Zahlenmaterial ist ähnlich wie in Baden-Württemberg, so daß Optimismus angezeigt erscheint. 

 

 

Saarland:

Bisher keine Antwort. Auch dem Netz ist nichts zu entnehmen. Das Zahlenmaterial bei Einführung der Bedarfsplanung ist nicht günstig. Wenn überhaupt, wird es voraussichtlich einen halben oder einen Sitz geben.

 

Sachsen:

Der Landesausschuß hat getagt und entschieden. Der Beschluß ist bereits veröffentlicht. Es besteht die Möglichkeit sich auf zwei neue Pathologensitze zu bewerben, und zwar innerhalb von acht Wochen nach Veröffentlichung im Internet. Diese Frist endet somit am 27.09.2018. 

 

Sachsen-Anhalt:

Bisher keine Antwort. Eine Prognose ist mir derzeit nicht möglich.

 

Schleswig-Holstein:

Der Landesausschuß wird zwischen Mitte September und Ende Oktober tagen. Die Veröffentlichung der Fortschreibung der Versorgungsgrade erfolgt im November- oder Dezember-Heft des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblattes. Der Versorgungsgrad liegt bisher bei 147,9 %. Neun Fachärzte für Pathologie befinden sich derzeit oberhalb der Sperrgrenze. Es ist daher nicht davon auszugehen, daß die geänderte Verhältniszahl zu einem Abschmelzen des Versorgungsgrades um fast 40 Prozentpunkte führt.  

 

In Schleswig-Holstein sind 16,5 Vertragsärzte zugelassen. Hier hinzukommen 18,75 angestellte Pathologen im Sinne der Bedarfsplanung. Ermächtigte werden nicht eingerechnet. Für die Bedarfsplanung ergeben sich somit 35,25 relevante Arztstellen im Fachgebiet der Pathologie.

 

Thüringen:

Der Landesausschuß hat bereits im Umlaufverfahren am 29.06.2018 getagt. Es bestehen weiter Zulassungsbeschränkungen. In Thüringen gibt es 13 zugelassene Pathologen sowie sieben angestellte Pathologen bei Vertragsärzten. In den MVZ sind mit einem Anrechnungsfaktor von 4,75 sieben Pathologen angestellt.  

 

 

Westfalen-Lippe:

Die Vereinbarung der Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe zur gemeinsamen Bedarfsplanung ist gekündigt worden. Beide KV-Bezirke werden jetzt wieder getrennt voneinander geplant. Hierdurch besteht die Möglichkeit, daß in Westfalen-Lippe neue Kassenarztsitze entstehen. Von dieser KV liegt mir allerdings noch nichts vor. Der Netzauftritt ist veraltet. Die Beplanung von Pathologensitzen ist dort noch kein Thema. Gleichwohl ist aufgrund der Zahlen vor Einführung der Bedarfsplanung Optimismus angezeigt. 

 

 Zusammengefaßt unter Berücksichtigung der Aussagen der einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen und früherer Zahlen wage ich folgende Prognosen:

 

Baden-Württemberg: 7,5 neue Sitze

Bayern: Neue Sitze in kleinem Umfang (1-2) möglich

Berlin: Neue Sitze fast ausgeschlossen

Brandenburg: Voraussichtlich 0,5 neue Sitze

Bremen: Neue Sitze in kleinem Umfang (1-2) möglich

Hamburg: Neue Sitze fast ausgeschlossen

Hessen: Neue Sitze in kleinem Umfang (1-2) möglich

Mecklenburg-V.: Keine Prognose möglich, da alte Zahlen nicht bekannt

Niedersachsen: Voraussichtlich keine neuen Sitze

Nordrhein: Keine neuen Sitze

Rheinland-Pfalz: Gute Chance für neue Sitze

Saarland: Neue Sitze in kleinem Umfang (1-2) möglich, aber eher schlechte Chancen

Sachsen: 2,0 neue Sitze

Sachsen-Anhalt:  Keine Prognose möglich, da alte Zahlen nicht bekannt

Schleswig-Holstein: Neue Sitze fast ausgeschlossen

Thüringen: Neue Sitze fast ausgeschlossen

Westfalen-Lippe: Gute Chance für neue Sitze 

 

Die bundesweite Ausbeute an Niederlassungsmöglichkeiten durch die veränderte Bedarfsplanung steht also bei bisher zehn Kassenarztsitzen. Ich weise darauf hin, daß über entsprechende Konstruktionen (ÜBAG, Zweigpraxen) unter Umständen auch die Beantragung von Kassenarztsitzen über KV-Grenzen hinweg sinnvoll sein kann. Wenn also in Ihrem Bundesland keine Niederlassungsmöglichkeiten bestehen, heißt das nicht, daß die Situation aussichtslos ist.  

 

Die nächste Ausgabe meines Mandantenbriefes wird sich ebenfalls mit dem Zulassungsrecht befassen. Es gibt Neuigkeiten im Bereich der ausgelagerten Praxisräume. Hierüber wird das BSG am 08.08.2018 verhandeln. Ein weiteres, ausnahmsweise ärztefreundliches, Urteil bezieht sich auf meinen im Jahr 2016 in Ausgabe 1 dieses Mandantenbriefs erteilten Rat, den kassenärztlichen Eingang möglichst gleichmäßig auf die Partner einer Gemeinschaftspraxis zu verteilen. Dies ist nicht mehr erforderlich. Hierzu und zu anderen Zulassungsthemen erscheint die 16. Ausgabe voraussichtlich Anfang September.  

 

Sie dürfen wie immer diesen Rundbrief gern weitergeben und unter Nennung meines Namens und meiner Mailadresse auch veröffentlichen. Eine Druckversion als PDF liegt an. Falls Sie aus dem Verteiler gestrichen werden möchten, bitte ich um kurze Benachrichtigung per Mail.

 

 Mit freundlichen Grüßen

Renzelmann, Rechtsanwalt 

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