Abstammungsgutachten bei Erbauseinandersetzungen - Pflicht zur Herausgabe von Patientenmaterial?

Zuerst veröffentlicht in Pathologie.de, Verbandszeitschrift des Bundesverbands Deutscher Pathologen 4/08, S.16

 

Mit den Möglichkeiten der Gendiagnostik wächst die Zahl der Anforderungen an Laborärzte zur Herausgabe von Patientenmaterial von Verstorbenen. In der Regel soll eine Abstammungsbestimmung u.U. als Voraussetzung für mögliche Erbauseinandersetzungen vorgenommen werden. Der Autor hat dies zum Anlass genommen, von der Bundesärztekammer klären zu lassen, ob entsprechende Herausgabepflichten bestehen.

 

Die Bundesärztekammer teilt hierzu in einem Schreiben vom 06.03.2008 folgendes mit:

 

„[...] Die Beratungen in den zuständigen Gremien der Bundesärztekammer haben ergeben, daß es sich bei Patientenmaterial um einen Gegenstand der Krankenunterlagen handelt, der nicht im Eigentum des Patienten, sondern im Eigentum des Arztes steht. Es besteht eine öffentlich-rechtliche Aufbewahrungspflicht des Arztes. Ein Anspruch der Erben auf Herausgabe besteht daher nicht. Darüber hinaus gilt die Schweigepflicht auch über den Tod des Patienten hinaus: Sofern der Patient nicht zu Lebzeiten einen entsprechenden Willen geäußert hat, ist sein mutmaßlicher Wille heranzuziehen. Bei einem Abstammungsgutachten wird in der Regel davon auszugehen sein, daß der Patient mit einer Weitergabe nicht einverstanden wäre.

 

Zusammenfassend ist also entsprechend den Ausführungen in Ihrem Schreiben vom [...] festzuhalten, daß ein Herausgabeanspruch der Erben nicht besteht."

 

Hieraus empfiehlt sich - abhängig von der Person desjenigen, der die Herausgabe des Patientenmaterials verlang - folgendes Verfahren:

 

Die Herausgabe wird von einem Angehörigen gefordert, der nicht Erbe ist:

 

Die Herausgabe ist zu verweigern, da ein Herausgabeanspruch nicht besteht.

 

Die Herausgabe wird vom Erben des Patienten verlangt:

 

Die Herausgabe ist nur dann gestattet, wenn

 

a) die Erbenstellung gegenüber dem Pathologen zweifelsfrei nachgewiesen wird (Erbschein) und

 

b) der mutmaßliche Wille des verstorbenen Patienten dem Pathologen gegenüber nachgewiesen wird.

 

Bei Zweifeln ist die Herausgabe zu verweigern.

 

Die Herausgabe wird von einem Gericht verlangt:

 

Patientenmaterial ist nur herauszugeben, wenn das Gericht den mutmaßlichen Willen des verstorbenen Patienten nachweist. Ist dies nicht der Fall, besteht das Recht und die Pflicht, die Herausgabe zu verweigern. Das Material ist nur dann herauszugeben, wenn das Gericht die Beschlagnahme anordnet. In diesem Fall sollte der Pathologe das Material herausgegeben, der Beschlagnahme allerdings widersprechen.

 

Weitere Unterlagen können beim Autor angefordert werden.

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