Wer bestimmt die Auswahl des Konsiliararztes?

Eine Argumentationshilfe für Pathologen gegenüber Krankenhäusern

Fragestellung:

 

Kann der Krankenhausträger den leitenden Arzt einer medizinischen Abteilung anweisen, einen bestimmten Pathologen mit der Durchführung histologischer und zytologischer Untersuchungen zu beauftragen?

 

Rechtliche Feststellungen:

 

Grundsätzlich haben die Krankenhausträger aufgrund Dienstvertrags oder aus dem Beamtenverhältnis die arbeits- bzw. dienstrechtliche Direktionsbefugnis auch gegenüber dem ärztlichen Personal.

 

Diese Befugnis endet bei jeder medizinisch indizierten oder motivierten Entscheidung. Hier hat der Arzt das Entscheidungsprivileg und kann vollkommen weisungsfrei agieren, BVerfG NJW 1963, 1667, 1668. Fachliche Weisungen an ärztliches Personal sind unwirksam und brauchen nicht befolgt zu werden, Laufs, Handbuch des Arztrechts § 12 Rdn. 31.

 

Damit deckt sich die standesrechtliche Grundbestimmung des § 2 Abs.4 Musterberufsordnung, die lautet:

 

„Der Arzt darf hinsichtlich seiner ärztlichen Entscheidungen keine Weisungen von Nichtärzten entgegennehmen."

 

Von entscheidender Bedeutung ist, daß der Arzt zur gewissenhaften Berufsausübung verpflichtet ist. Dies erfordert die Wahl desjenigen Konsiliarkollegen, in dessen fachliche Qualifikation der zuweisende Arzt das höchste Vertrauen hat. Weist er Partientengut aus fiskalischen Gründen einem anderen Pathologen zu, verstößt er gegen elementare Grundsätze des ärztlichen Standesrechts.

 

Bestehen zusätzlich für den Zuweiser objektive Anhaltspunkte für eine minderwertige fachliche Qualifikation des von der Krankenhausverwaltung vorgeschlagenen Pathologen, macht er sich bei einer Zuweisung wegen zumindest fahrlässiger Körperverletzung bzw. Tötung strafbar, wenn der Patient aufgrund fehlerhafter Befundung einen entsprechenden Schaden erleidet. Die Folge wäre außerdem die zivilrechtliche Haftung des Zuweisers.

 

Ergebnis:

 

Die Weisung des Krankenhausträgers an einen Chefarzt, einen bestimmten Pathologen zu beauftragen, ist unzulässig. Der Chefarzt kann sich weigern, diese Weisung zu befolgen, ohne daß dies dienst- oder arbeitsrechtliche Nachteile für ihn mit sich bringen darf.

 

Ein Chefarzt, der einer solchen Weisung wider besseres Wissen Folge leistet, verhält sich standeswidrig und setzt sich zivilrechtlichen Haftungsansprüchen aus. In Ausnahmefällen kann eine Befolgung der Weisung zudem strafbar sein.

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